Im Februar ist bei uns, abgesehen von einer Woche Exerzitien, nicht viel Aussergewöhnliches gelaufen. Deshalb geben wir in diesem Blogbeitrag Kolumne-mässig einen Einblick in unseren Alltag.

Ein gewöhnlicher Oasis Morgen

Morgengebet ist normalerweise um 07.30 Uhr. Frühstück um 08.00 Uhr. Doch wie und in welchem Zustand sich die sechs Oasis Mitglieder zu diesen ersten beiden Programmpunkten einfinden, könnte grösser nicht sein:

Da gibt es Lukas. Er steht extra eine halbe Stunde früher auf, und nutzt diese nur um in Ruhe(!) im grünen Sessel in der Stube, die blauen Kopfhörer auf den Ohren, seinen Kaffee geniessen zu können. (Optional dazu kann bereits das erste Kreuzworträtsel des Tages gelöst werden). Cosimos Anwesenheit, während diesem Ritual ist knapp gestattet, sofern er sich in Geräusche und Bewegung ruhig verhält. Die Damen sollten es jedoch unterlassen ihn ab 07.20 Uhr mit Sätzen wie: “Guten Morgen” oder “Hast du gut geschlafen?” anzusprechen.

Cosimo ist zum Zeitpunkt des Morgengebetes bereits mindestens eine Stunde wach. Der genaue Grund dafür ist noch nicht ermittelt worden, aufgrund seiner vagen Andeutungen geht man aber davon aus, dass auch er den Morgen als einzige Möglichkeit sieht einige Momente der Ruhe zu geniessen. Bis andere Oasis Mitglieder die Augen aufschlagen sind hat er bereits geduscht, einen Rosenkranz gebetet, einen Kaffee getrunken und sich in eine Lektüre vertieft.

Sandra lässt sich jeweils um 07.20 mit ihrem Radiowecker, der mit der Frequenz von Radio Maria eingestellt ist, wecken. Der Vorteil dieses Weckers liegt darin, dass nicht gleichzeitig alle Mitbewohner im Umkreis von 10 Metern durch die Ringhörigkeit der Wände auch mit-aufgeweckt werden. Schnell angezogen und direkt in der Kirche wünscht sie sich manchmal jedoch, sie wäre schon länger als 10 Minuten wach, dann hätte sich der Blutdruck schon besser an das Stehen während der Laudes gewöhnt.

Michaela ist vergleichsweise früh wach, erscheint jedoch nie vor 07.28 im unteren Geschoss. Sie betätigt während dieser Zeitspanne die Snooze Taste des Weckers, braucht Zeit die Socken mit dem Outfit abzustimmen, öffnet den Fensterladen (alle anderen Mitbewohner erachten das Schliessen des Fensterladens während der Nacht als unnötig und zeitverschwendend) und versucht die Haare einigermassen zu bändigen. Und egal wann dieser Prozess beginnt, enden tut er nie vor 07.28. Ihr Erscheinen in der Stube, um Wasser zu trinken (wovon sie morgens im Zimmer bereits schon 2dl konsumiert hat) ist Lukas Erinnerung sich langsam zu erheben und in die Kapelle zu begeben. Das “Guten Morgen” in seine Richtung hat sie mangels fehlender Rückmeldung mittlerweile unterlassen.

Bei Chiara ist noch niemand dem Geheimnis auf die Spur gekommen, wie sie den Wecker auf 07.25 Uhr stellen kann und um 07.30 Uhr in der Hauskapelle sitzt. Ihre Begründung weshalb eine Morgenroutine nur fünf Minuten Zeit braucht: “Man muss sich ja nur anziehen.” Das bedeutet, dass ihr Hirn enorm schnell starten kann und sie trotz ihrer grossen Auswahl an Kleidern den Überblick hat und sich innert wenigen Minuten ein stylisches Outfit zusammenstellen und anziehen kann.

Auch Marina hat einen getakteten Morgen, und ist wahrscheinlich auch die einzige mit einem normalen Ablauf. Weckerklingeln um 07.15, anziehen und meist sogar noch Zeit sich (unbedingt ruhig) während fünf Minuten auf das Sofa zu setzen. Dennoch sitzt sie pünktlich an ihrem Platz in der Hauskapelle.
Das Frühstück ist im Vergleich zu den anderen zwei Mahlzeiten am kompliziertesten. Der Tisch ist überfüllt mit verschiedenen Nahrungsmitteln denn jeder hat seine eigenen Vorlieben, was zu einem gelungenen Tagesbeginn gehört. Da gibt es die zwei Müesliesser Lukas und Michaela. An sich ist diese Option unkomplizierter da es immer eine grosse Auswahl an Müesli im Oasis Haushalt hat. Die Geister scheiden sich jedoch bei den genauen Inhaltsstoffen: für Lukas müssen es zwingend Müesli sein welche aus mehr Zucker als etwas anderem bestehen. Michaela hingegen braucht eine Auswahl von mindestens drei verschiedenen ungesüssten Getreidemüeslisorten (Tierfutter wie es Cosimo gerne bezeichnet). Die anderen vier Mitbewohner bevorzugen Brot. Das Problem liegt meistens darin, dass es entweder nur halb vertrocknetes Brot (welches mit einem völlig unberechenbaren Toaster getoastet werden muss) oder tiefgefrorenes Brot zur Auswahl hat (welches sich erfahrungsgemäss nicht innert 15 Minuten komplett im Ofen auftauen lässt). Cosimo, Marina und Chiara sind unkompliziert mit Brotaufstrichen, Sandra jedoch mag sehr gerne Ovomaltine-Crunchy-Cream. Steht gerade kein Brot zur Verfügung gibt (was auch nicht selten vorkommt), dann sehen sich auch die Brotesser gezwungen auf Müesli zurückzugreifen. Auch diese vier Personen bevorzugen reichlich gesüsste Müeslisorten. Schockierend ist und bleibt, dass Chiara immer zuerst die Milch vor dem Müesli in die Schüssel leert. Für Lukas fühlt es sich an, als ob man zuerst die Schuhe und dann die «Strimpfe» (Socken) anziehen würde. Weiter werden nie mehr als zwei Esslöffel Müesli der Milch hinzugefügt. Dieser Vorgang wird dann so lange wiederholt, bis die ganze Milch aufgebraucht ist. Der Sinn dahinter - es verhindere, dass das Müesli sich aufweicht.

Noch hat der eigentliche Tag kaum begonnen und doch sind wir schon mittendrin in den kleinen Übungen der Geduld, in die der Alltag uns ganz selbstverständlich hineinführt. Unzählige Gelegenheiten, das Aussergewöhnliche im Gewöhnlichen zu entdecken. Angenommen sein inklusive Zuckermüesligewohnheit zum Beispiel.
Es stellt sich nun die berechtigte Frage, ob wir nach monatelangem Gemeinschaftsleben nichts anderes zu erzählen wissen als über Aufstehgewohnheiten und aufeinanderprallende Müeslikulturen. So einfach das klingen mag: In den Details des Alltags, liegt oft der grösste Challenge oder wie Lukas es einmal schön sagte: Das Zusammenleben ist die grösste Herausforderung und die schönste Bereicherung. Sich gegenseitig mit Zuneigung und Humor zu ertragen und sich von den anderen getragen, ist wirklich eine der grossen Freude dieser Monate. Da verkneift man sich auch gerne mal ein «Guten Morgen».